Die Tochter erzählte ihr nichts anderes, als dass in jeder Nacht ein Mann, den sie bisher nie richtig gesehen habe, bei ihr liege. Da gab ihr die Königin einen Stein und sagte, sie solle den, wenn der Mann, der bei ihr liege, eingeschlafen sei, an dessen Gesicht vorübergleiten lassen, dann werde sie ihn sehen können.
In der folgenden Nacht, als der Mann eingeschlafen war, ließ sie den Stein über ihn hingleiten und sah, dass er jung und schön war. Im gleichen Augenblick erwachte er und war darüber sehr betruebt. „Dies ist großes Unglück“, sagte er. ’’Lange wird es dauern, bis wir von den schlimmen Folgen wieder befreit sein werden. Wir müssen uns nun trennen, und wer weiß --- vielleicht sehen wir uns nie wieder.’’
Sie war erschrocken und auch traurig über seine Worte. Da erzählte er, dass er Sigurd heiße; seine Mutter sei gestorben und sein Vater in den Wald geangen, da hätten sie ein seidenes Zelt gesehen, in dem zwei Frauen sassen. Beide waren sehr schön gewesen. Sein Vater fragte sie über ihre Verhältnisse aus, und die ältee der beiden erzählte, sie sei die Frau des Königs und das jüngere Weib ihre Tochter. Feinde hätten das Reich verheert, der König sei in einer großen Schlacht gefallen, sie aber habe sich mit ihrer Tochter geflüchtet, und so seinen sie bis hierher gekommen.
„Mein Vater“, erzählte er weiter, „hatte Mitleid mit ihnen und lud sie ein, in seine Halle zu kommen. Ich selbst habe meinen widerwillen gegen meine Stiefmutter nie ganz verwinden können, und auch gegen ihre Tochter nicht, die ich hätte heiraten sollen.“
„Und wie kamst du ins Unglück?“ fragte atemlos die Königstochter.
„Nun --- zu eben jener Zeit zog mein Vater fort, um in seinen anderen Ländern nach dem Rechten zu sehen. Da kam meine Stiefmutter zu mir und verlangte mit Nachdruck, ich solle ihre Tochter heiraten. Ich weigerte mich. Darüber geriet sie in so großen Zorn, dass sie mich verzauberte, so dass ich in den Wald verrieben wurde und mich jeden Tag in einen rotbraunen Hund verwandelte. Zehn Jahre lang soll diese Verzauberung währen. Danach muss ich nach Hause und die Tochter der Stiefmutter heiraten --- es sei denn, ich bringe eine der schönsten Königstochter der Welt dazu,bei mir zu bleiben, drei Kinder zu bekommen, ohne dass sie diese behalten darf, und auf meinen Anblick als Mann zu verzichten. Noch einen Moment hätten wir aushalten müssen, dann wären die zehn Jahre vergangen --- jetzt aber ist alles verspielt.“